Samstag, 15. August 2020
Alleine trotz Bindungswunsch?

(Foto: Taryn Elliott/pexels.com)

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Die Frage stellen sich wahrscheinlich viele, und ich erlebe oft, dass sich Menschen trennen, sich aber nach der erfolgten Trennung die erhoffte Erleichterung nicht einstellt, sondern ein leiser Zweifel bleibt, ob es die richtige Entscheidung war.

Wir Menschen sind zutiefst auf Beziehung angelegt, d.h. ohne Bindung und Kontakt mir unserer Umwelt fühlen wir uns nicht wohl - manchmal geradezu gestresst. Wie du deine Beziehungen gestaltest, lernst du bereits als Kleinkind. Ganz vereinfacht gesagt entstehen dort Bindungsmuster, die dich entweder vermehrt deine Autonomie anstreben lassen ( "Ich zuerst." ) oder aber zur Verschmelzung drängen ( "Was willst du?" ). Schwierig wird es, wenn diese Muster extrem ausgebildet sind und du "automatisch" auf deine Mitmenschen und deren Bindungsangebote reagierst. Dann kann es nämlich sein, dass du dich auf eine Art und und Weise verhältst, die dir das, was du dir eigentlich wünschst, verunmöglicht.

Zudem kommt noch, dass viele dem Irrtum aufsitzen, dass es am Partner liegt, dass die Beziehung nicht "funktioniert" hat, obwohl eine Trennung bzw. die Unzufriedenheit in ihr in erster Linie mit mir selbst zu tun hat! Im Grunde übergeht man in so einem Fall seine eigenen Gefühle und nimmt sich die Chance, sich weiterzuentwickeln, z.B. indem ich als nach Autonomie Strebender die Erfahrung machen kann, dass ich trotz der Angst, vom anderen vereinnahmt zu werden, mich auf Nähe einlassen kann, bzw. indem ich als "Verschmelzungstyp" die Erfahrung mache, dass ich auch meine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen darf, ohne gleich verlassen zu werden.

Solange wir in einer Gesellschaft leben, in der es ungewöhnlich ist, seine Gefühle jederzeit offen mitzuteilen, wird die von dir angesprochene Tendenz eher noch weiter zunehmen. Ich bin dennoch guter Hoffnung, dass sich längerfristig etwas daran zum Guten verändern kann, wenn es Menschen gibt wie du, die sich mit der Thematik auseinandersetzen :)

Ich kann dir das Buch "Jein" von Steffi Stahl empfehlen, falls du eine der oben beschriebenen Muster bei dir selber (er-)kennst.

Das wichtigste: Bleib weiterhin neugierig, vor allem auf dich selbst!


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