Montag, 15. November 2021
Verletzlichkeit macht stark | Rezension des Buchs von Brené Brown


(Foto: Jordan Benton/pexels.com)

Das Buch kam wie viele andere durch "Zufall" in mein Leben. Vieles interessiert mich, und als HSP sprach mich der Titel und das zarte Blatt auf dem Cover einfach an. Gleichzeitig erwartete ich nicht zu viel von dem Buch und rechnete damit, dass es vielleicht eine Wiederholung dessen war, was ich oft in Büchern über Hochsensibilität gelesen hatte: Dass sie eine Gabe sei, ohne es weiter spür- und erlebbar zu machen. Die meisten Autoren blieben auf der Oberfläche, vermutlich gefangen in ihren eigenen Empfindlichkeiten.

Dass meine skeptische Haltung diesem Buch gegenüber bereits einen Schutzmechanismus darstellte, war mir zum Zeitpunkt des Kaufs nicht bewusst. Im Nachhinein stellte sich das Buch als wahrer Schatz für mich heraus, der mir einfach geschenkt worden war; als ein weiterer großer Meilenstein, mich emotional zu verstehen, mein Verhalten einordnen zu können und letztlich mein Mitgefühl für mich selbst weiterzuentwickeln. Es gab mir einen Schub in die richtige Richtung.

Ich lernte, was Verletzlichkeit eigentlich ist, wie es sich im Inneren äußert, und dass ich nicht alles alleine schaffen muss. Ich bekam zum ersten Mal in meinem Leben einen Überblick, wo ich mich meiner eigenen Entwicklung verschloss, weil ich Schutzmechanismen den Vorrang gab, um befürchtete oder reale Verletzungen abzuwehren.

Ich erkannte, dass ich nicht alleine war mit dem Thema, dass es anderen auch so erging, indem Brené Brown immer wieder in ihr Inneres blicken ließ und von ihren eigenen Kämpfen berichtete. An vielen Stellen weinte ich heilsame Tränen, die längst hatten geweint werden wollen. Ich fühlte mich eigenartigerweise gesehen und berührt.

Das Buch stellt die Essenz ihrer damals 12-jährigen Forschertätigkeit dar, doch es liest sich wie ein einfühlsamer Bericht aus dem täglichen Leben. So wie die Autorin ihre Arbeit ernst nimmt und, wie sie selbst sagt, mit Leidenschaft dabei ist, so entschied ich mich, nun meine eigenen inneren Kämpfe zu erforschen und meine Verletzlichkeit, die Ausgangspunkt für echte Verbindung, Lebendigkeit und Kreativität ist, in den Mittelpunkt meines Lebens zu stellen.

Die Dankbarkeit, von der Brené Brown berichtet, und dass sie Freude, unser aller Daseinsgrund, erst ermöglicht, hat sich beim Lesen wie von selbst in mir eingenistet. Diese Dankbarkeit ermutigt mich auch, auf meine Hoffnung zu hören, dass frühere Wunden heilen und daraus entstandene Panzer abgelegt werden können, dass "ich es schaffe", und lässt mich erahnen, was die Autorin meint, wenn sie von Heiligtum, das wir im Miteinander erschaffen, spricht.

Das Buch dient als Reiseführer, Inspirationsquelle und Bewusstseins-Booster für alle, denen ein Leben in ihren eingerichteten Mustern zu eng geworden ist, und die sich immer noch und immer wieder nach Echtheit und wirklichem Kontakt sehnen und ein Leben "aus vollem Herzen" leben wollen.

100 von 5 Punkten ;)

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